Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass über die Anfänge der Rösterei in Schrems noch Informationen erhalten sind. So war es ausgerechnet am Freitag, dem 13 Juli 2018, als bei Aufräumarbeiten im Dachgeschoß unter dem Fußboden zahlreiche bedruckte Papierbögen mit den Verpackungsbanderolen von Herrn Alexander Huber gefunden wurden. Die Bögen wurden glücklicherweise unter dem verlegten Linoleum ausgebreitet, um kleinere Unebenheiten auszugleichen und haben so über einhundert Jahre fast unbeschadet überdauert. Lediglich die Holzwürmer, die im darunterliegenden Holzboden lebten, hinterließen einige kleine Spuren im Papier.
Nachdem sehr viele dieser Verpackungsbögen erhalten wurden, haben wir uns die Mühe gemacht und einige Feigenkaffee-Päckchen mit den originalen Banderolen, so wie diese vermutlich ausgesehen haben, wieder hergestellt. Wir nahmen an, dass der fertige Feigenkaffee zunächst in Packpapier verpackt und anschließend mit der Banderole verklebt wurde. Ob das Packpapier weiß, braun oder gar färbig war, wird allerdings auf ewig ein Geheimnis bleiben, da vermutlich keine Originalpackung mehr existiert. Erhältlich war der Feigenkaffee von Herrn Alexander Huber im 1/4 kg und im 1/8 kg Gebinde.
Die Viertel-Kilogramm-Packung war damals die Standardgröße, in der Feigenkaffee verkauft wurde.
Die Vorderseite dieser Verpackung mit der Aufschrift "Garantiert echter Feigenkaffee" zierte ein stattliches Herrenhaus vor welchem drei Personen bei einer Tasse Feigenkaffee sitzen. Rechts und links neben dem Herrenhaus ist jeweils die Abbildung der Medaille von der Allgemeinen Landwirtschaftlichen Regional Ausstellung von 1860, wo dieser Feigenkaffee wohl bereits aus- und vorgestellt wurde, zu sehen. Dies war damals wohl noch unter dem Vorbesitzer der Feigenkaffee-Fabrik J. Auinger, dessen Nachfolger Alexander Huber war, wie dies unterhalb des Herrenhauses zu lesen ist.
Die Hinterseite weist neben zwei Logos eine 1000 Kronen Garantie auf, falls jemand nachweisen würde, dass ein anderer Bestandteil als reine Feigen in unserem Feigenkaffee wäre.
Eine für uns heutzutage ungewöhnliche Größe ist die Achtel-Kilogramm-Packung. Dass Feigenkaffee jedoch auch in so kleiner Gebindegröße angeboten wurde, zeigt uns, wie wertvoll dieser Kaffeezusatz damals war. Auf der Vorderseite dieser Verpackung findet sich neben den Darstellungen der bereits beschriebenen Medaille der Werbeslogan "Feinster Feigenkaffee". Auch die Aufschrift "J. Auinger's Nachfolger A. HUBER, SCHREMS" ist auf beiden Packungsgrößen zu lesen.
Auf der Rückseite dieser kleineren Packung ist, wie auch auf der Rückseite der größeren Packung, neben dem Feigenkaffee-Logos, die eine Dame und einen Herrn mit jeweils dem selben orientalisch wirkenden Kopfschmuck zeigen, weiters zu lesen: "Fabrik von echt orientalischen Feigen-Kaffee welcher als unübertrefflich anerkannt und besonders empfohlen wird."
Nachdem Herr Alexander Huber 1928 die Rösterei an seine beiden Söhne übertrug, wurde diese von Herrn Otto Huber knapp zehn Jahre lang erfolgreich geführt. Es wurden nun neben Feigenkaffee auch Malzkaffee und andere Kaffeesurrogate erzeugt. Geröstet bzw. "gebrannt", wie man zu damaliger Zeit sagte, wurde nicht nur im Haus selbst, sondern auch in einem Nebenraum der angebauten Scheune und bei Schönwetter sogar im Innenhof.
Das "Brennen" selbst war damals eine anstrengende und schweißtreibende Arbeit, die viel Erfahrung voraussetzte. Die sogenannten Kugel-Kaffeebrenner, die zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zum Rösten verwendet wurden, mussten mit Holz unterfeuert werden und während der Röstung auf gleichmäßiger Temperatur gehalten werden. Auch musste die Kugel, in der sich das Röstgut befand, ständig per Handkurbel in Bewegung gehalten werden, um ein Anbrennen zu vermeiden.
Bis ca. zum Ende der 1930er Jahre florierte die Rösterei und sicherte den beiden Brüdern ihrern Lebensunterhalt. Zu Kriegszeiten kamen allerdings große Schwierigkeiten auf den Betrieb zu. So wurden zum Beispiel Rohstoffe immer schwerer zu beschaffen. Vor allem Feigen, die aus südlichen Ländern importiert werden mussten, waren kaum mehr zu bekommen.
Otto, der ein erfahrener Soldat war, musste nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges wieder zu verschiedensten Einsätzen einrücken und konnte den Betrieb nun nicht mehr weiterführen. Dies übernahm zu dieser Zeit schließlich seine Frau Hilda Huber. Doch aufgrund fehlender Feigen wurde nun vorallem Getreidekaffee erzeugt.
Nachdem 1944 klar wurde, dass Otto, der zuletzt in Russland im Einsatz war, nicht wiederkehren würde, wurde die Erzeugung von Feigenkaffee allmählich eingestellt und fast alle Gerätschaften, die zum Rösten nötig waren, verkauft.
Bevor man die Feigen zu Feigenkaffee verarbeiten konnte, mussten diese zuerst getrocknet werden. Zum Trocknen der Feigen gab es verschiedensten Methoden. Eine davon, die bei unserer Rösterei angewendet wurde, war das Trocknen im heißen Dachboden, wo die geschnittenen Feigen auf Zeitungspapier aufgebreitet wurden.
Bei Entrümpelungsarbeiten im Dachgeschoß fand man 2016 letzte Reste von Zeitungspapier auf denen noch Feigen waren. Da auf der Zeitung das Datum zu erkennen war, können wir diesen Fund auf das Jahr 1935 datieren.